Remote Agile braucht Struktur
Remote und Co-Located Work ist überall um uns herum und ist in der Corona-Pandemie der Garant für eine weitere, risikofreie und reibungslose Weiterarbeit. Und Sie funktioniert!
Doch wo Sonne ist, ist auch Regenschein. Denn, wie es in der agilen Gemeinschaft häufig kommentiert wurde, bringt Remote Work bei der Implementierung von Scrum oder anderen agilen Ansätzen ganz eigene Herausforderungen mit sich mit.
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Die Herausforderung
Aus meinen Beobachtungen kommen erfahrene Scrum Teams sehr gut mit dem Remote-Arbeitsumfeld klar und können sogar noch mehr Fahrt aufnehmen. Weniger erfahrene Teams jedoch können in Schwierigkeiten geraten.
Deren Herausforderungen sind real, doch kann nach deren Bewältigung Remote Agile sogar noch wirkungsvoller sein als wenn das Team an einem Ort fest zusammen arbeitet – wenn man die Nachteile minimiert und die Vorteile maximal ausnutzt.
Mir gefällt diese Definition von agil : “fähig zur Anpassung an sich schnell verändernde Märkte/Umwelt”. Und am Ende ist Remote Work nur eine weitere Herausforderung für diese Anpassungsfähigkeit.
Struktur unterstützt Selbstorganisation
In der direkten Zusammenarbeit an gemeinsamen Ort bringt dieser schon einen Rahmen, an dem sich eine Selbstorganisation ausrichten kann. Dies fängt mit einfachen Punkten an, wieviel Meeting-Räume es gibt, wo ist die Kaffeeküche, wann sind die Kollegen im Büro und viele Punkte mehr. Hinzu kommt, dass man sich schon sieht, wenn man einfach gegenüber sitzt.
Dies fehlt im virtuellen Raum völlig. Hier wird man nicht gesehen, nur weil mal vorm Rechner sitzt. Es gibt auch keine Kaffeeküche, für einen kurzen Austausch bei einer Tassen schwarzen Golds. Was neben diesen räumlichen Bedingungen fehlt, sind Informationskanäle, die im direkte Face-2-Face-Gespräch mitschwingen. Mimik, Gesten, Zwischentöne kommen in einem direkt Gespräch voll zum Tragen. Diese Nuancen sind schwer in Ihrer Gesamtheit mit Online-Tools zu übermitteln..
Auf der anderen Seite habe ich bei der Auswahl der Remote-Tools und deren Anwendung unendlich viel mehr Freiheitsgrade und somit auch viel mehr Gelegenheiten, mich als Team damit zu verzetteln.
Das klingt für Remote-Work nicht sehr überzeugend, oder? Doch Moment – die erfahrenen Teams können sogar im Remote-Modus besser performen. Wie soll das möglich sein?
Flexible Structure
Erfahrene Team haben unerfahrenen, noch nicht eingespielten Teams etwas voraus – sie bringen schon eine eingespielte Struktur, an der sie sich organisieren und Ihnen im Remote-Umfeld hilft.
Je eingespielter, um so definierter ist diese Struktur, die den unerfahrenen Teams wiederum noch fehlt. Dauert solch eine Struktur-Aufbau zu lange, wird sich im Team, aus meiner Erfahrung her, langsam aber sicher eine Unzufriedenheit aufbauen, da ihm die notwendige Orientierung fehlt. Diese Unzufriedenheit wird dann im schlimmsten Fall kurz über lang eine Abneigung gegen die agilen Methodiken oder Remote-Work erzeugen, was zu demotivierten Teams und sinkenden Commitments führen kann. Hier liegt eine der größten Gefahren für die Einführung von Agilität und Remote-Work überhaupt!
Um dies zu verhindern, definieren wir zu Beginn der gemeinsamen Remote Arbeit eine Anfangsstruktur, die wir im Laufe der Zusammenarbeit immer wieder verfeinern und an unsere Bedürfnisse anpassen. Wir nennen sie daher “Flexible Structure”.
Scrum selbst ist ein gutes Beispiel für eine “Flexible Structure”. Es legt die Basis mit einem Set einfacher, fester Regeln, die von einem Team weiter ausgebaut und auf sich angepasst werden können. Diese Struktur gilt es zusammen mit dem Team zu Beginn zu erarbeiten – und dies gleich von Beginn an.
Damit legt Ihr für Euer Team die Struktur, an der sich die Zusammenarbeit, Kommunikation und Selbstorganisation ausrichten kann und somit Euren Workflow steuert. Als zusätzliche agile Komponente kommt die Transparenz hinzu. Alle Abstimmungen und Festlegungen zu Eurer gemeinsamen Struktur werden für jeden im Team zugänglich dokumentiert.
Ich gehe hier wie folgt vor:
- Definition des Basis-Arbeitsprozesses wie Scrum, Kanban, usw.
- Abweichung dazu werden als erste Anpassungen bei Bedarf gleich mit definiert
- Festlegung, wie und mit welchen Tools die Anforderungen als auch resultierende Arbeitsflüsse festgehalten, gesteuert und visualisiert werden – z.B. Jira, Trello, …
- Festlegung weiterer Kollaborationstools wie z.B. Mural oder Concept Board als Whiteboard, usw.
- Festlegung von Teamregeln: Wie gehen wir miteinander rum? Gibt es fixe Antwortzeiten? gemeinsame Meetings zu bestimmten Zeiten? Wie werden welche Kommunikationskanäle verwendet? Gibt es eine Kernarbeitszeit, in der jeder erreichbar sein muss?
- Definition der Rollen bzw. Klärung der Frage: “Wer ist für was zuständig?”. Auf diese Weise ist es Deinem Team möglich, sich im Workflow die Aufgaben passend zuzuspielen.
- Nutzung von bekannten agilen Techniken, um den Workflow zu beschreiben wie z.B. DoD, DoD, Team Contract und Release Plan
Keep it lean
Die oben genannte Struktur ist bewusst flexibel. Sie soll nur soviel wie nötig und sowenig wie möglich beinhalten. Nur soviel, dass sich das Team bezüglich sich seiner gesteckten Ziele selbst organisieren kann.
Transfertip für reife Teams
Solltet Ihr mit einem reifen Team starten, nutzt den Wechsel ins Remote-Agile doch mit einem kleinen Frühjahrsputz. Macht eine kleine SWAT-Analyse, um die Stärken und Schwächen der Zusammenarbeit mit dem Team zu erarbeiten und mit den neuen Erkenntnissen die neue Struktur für die Remote-Arbeit abzuleiten. Das Team ist sofort an der Transfer-Leistung beteiligt.
Die nächste große Herausforderung
Agilität an ein Remote Environment anzupassen, ist der nächste große Schritt für die agile Gemeinschaft.
Dies geschieht bereits in vielen Organisationen weltweit, und ist eine große Herausforderung für jedes Team und jede Organisation.
Wenn Du über Deine Herausforderungen sprechen möchtest, wende Dich direkt an mich an stephan.scharff@cosc.de oder nimm doch einfach an unserem kostenfreien Remote Agile Lean Coffee teil.
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